Behaupte-Dich-gegen-Mobbing-Tag

Nicht wegschauen, sondern den Betroffenen helfen!

Mobbing kann überall stattfinden – in der Schule, im Sportverein oder am Ausbildungsplatz. Die Betroffenen werden von Aktivitäten ausgegrenzt, täglich beleidigt und beschimpft. Das hat weitreichende, manchmal sogar lebenslange Folgen, führt unter anderem zu Verunsicherung, Angstzuständen oder körperlichen Beschwerden. Das weiß auch Maria Tegtmeyer, die seit September letzten Jahres die Adipositas-Sportgruppe an der Asklepios Kinderklinik Sankt Augustin als sportwissenschaftliche Fachkraft begleitet.

Einmal wöchentlich trainiert die studierte Psychologin mit durchschnittlich zehn Kindern und Jugendlichen im Alter von fünf bis 19 Jahren, die stark übergewichtig sind. „Ich vermute, dass einige von ihnen wegen ihres Äußeren gehänselt werden, berichtet hat mir davon aber noch niemand. Adipositas ist zwar das verbindende Thema unserer Gruppe, wird verbal jedoch nicht explizit angesprochen,“ erklärt Maria Tegtmeyer. Die Sportgruppe soll nicht nur Unterstützung beim Abnehmen bieten, sondern ein geschützter Raum sein, an dem die Teilnehmer mit Gleichgesinnten Spaß haben können. Durch die Beteiligung am Adipositas-Programm sind die Kids auch nicht so auf die Bestätigung der Peer Groups- das sind Cliquen von Menschen im gleichen Alter und mit ähnlichen Interessen – in der Schule angewiesen.

Gerade Teenager definieren sich stark über ihr Aussehen. Die sozialen Medien befeuern dieses Verhalten: Tagtäglich werden auf allen Kanälen Bilder von vermeintlich perfekten Körpern und makellosen Gesichtern veröffentlicht. Maria Tegtmeyer: „Das sind Idealbilder, die schon allein deswegen unerreichbar sind, weil die meisten nachträglich bearbeitet wurden. Der gesunde und reale Vergleich fehlt, das macht es Kindern und Jugendlichen mit Adipositas noch schwerer, ihre Körper so anzunehmen, wie sie sind. Oft grenzen sie sich dann selber aus und verkriechen sich mehr und mehr Zuhause.“

Das sogenannte Cybermobbing, das Mobbing im Internet, ist besonders schlimm. Da in der digitalen Welt Beleidigungen und Bedrohungen häufig in Gruppenchats stattfinden, sind sie für Außenstehende nicht sichtbar. „Dadurch haben Täter eine größere Distanz zu ihren Opfern. Durch die Anonymität sind diese viel schlimmeren verbalen Attacken ausgesetzt. Außerdem gibt es deutlich mehr Mitläufer und Dulder, die in die Mobbing-Situation eingebunden sind, aber den Opfern nicht zur Seite stehen“, so Maria Tegtmeyer.

Beim Verdacht auf Mobbing und in einer konkreten Situation braucht es Helfer, die eingreifen und das Opfer schützen. Das können Freunde oder Außenstehende sein. Gefragt ist eine Kultur des Hinschauens sowie das Setzen eindeutiger Stopp-Signale und Grenzen. Wichtig dabei: Alle Maßnahmen sollten mit Erlaubnis des Mobbing-Opfers durchgeführt werden, um dessen Ohnmachtsgefühlen zu begegnen. Es sollte vermieden werden, Gespräche in Abwesenheit der gemobbten Person zu führen, Mitleid zu erwecken oder Hilflosigkeit zu betonen.

In Maria Tegtmeyers Sportgruppe läuft alles sehr harmonisch ab, obwohl die Gruppe mit Blick auf Altersstruktur, Fitness-Level und Vorlieben bunt gemischt ist. Jeder Teilnehmer ist ein wichtiges und gleichberechtigtes Mitglied, es gibt kein Machtgefälle. „Gemeinsam mit den Kids treffe ich Entscheidungen und motiviere sie, das Training mitzugestalten. Jeder kann seine Grenzen selber setzen. Wer Pause machen möchte, kann das tun und erhält dafür keine abfälligen Kommentare“, sagt die 25-Jährige.

Heute, am internationalen Behaupte-Dich-gegen Mobbing-Tag, möchte der VFK e.V. dazu aufrufen, Mobbing nicht zu unterstützen. Fast jeder dritte Schüler ist Opfer von Mobbing. Wenn Sie jemanden kennen, der systematisch und regelmäßig ausgegrenzt oder seelisch verletzt wird, schauen Sie bitte nicht weg. Ein offenes Ohr für die Sorgen und Nöte der betroffenen Person zu haben, kann in einem ersten Schritt sehr hilfreich sein und signalisieren: Du bist nicht alleine!